Dürfen private Ermittler den Job der Staatsanwaltschaft machen? Was bedeutet das für #Beschuldigte? Wird die #Justiz durch IT-Forensiker manipuliert?
Geraten Menschen ins Fadenkreuz der #Ermittler, erfahren Sie zunächst nichts davon. Nach der Konzeption des Gesetzgebers der #Strafprozessordnung sollen Ermittlungen im "Vorverfahren" heimlich stattfinden.
Ermittlungen finden heimlich statt. Den Überraschungsmoment anlässlich einer Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen nutzen Ermittler für ihre Zwecke.
Erst am Tag der #Durchsuchung ihrer Geschäfts- und Wohnräume von erfahren Betroffene davon, dass Ermittlungen gegen sie laufen. Betroffene, das können Privatpersonen und auch Unternehmen sein.
Der Fokus der Ermittler liegt heute auf dem Auffinden digitaler Speichermedien. #Festplatten, #Server, tragbare #Computer, #Tablet und #Smartphone - alles wird eingepackt und mitgenommen. Der Digitalisierung sei Dank. Doch ist so was zulässig?
Betroffene Unternehmen bittet die Staatsanwaltschaft nicht selten um „Kooperation“. Beweismittel lässt sie sich also "freiwillig" herausgeben.
Eine ganz freiwillige Kooperation ist dies jedoch nicht - die Unternehmensleitung möchte durch die Kooperation mit den Behörden weiteren Schaden verhindern. Dem Unternehmen können Bußgelder in Millionenhöhe drohen. Da werden in der Praxis gerne mal ein paar mehr Daten draufgelegt, nach dem Motto: „viel hilft viel“.
Doch die Staatsanwaltschaft ist an Recht und Gesetz gebunden und dazu gehört auch der Grundsatz der #Verhältnismäßigkeit. Eigentlich dürfen nur die für die Ermittlungen nötigen Daten heraus verlangt werden. Eigentlich.
Und was macht die Staatsanwaltschaft nun mit diesen riesigen Datenmengen, an die sie kraft ihres Amtes gelangt ist?
Wegen "personaler Engpässe" und "mangelnder IT-Kompetenz" machen die staatlichen Ermittler das, was im Wirtschaftsleben üblich ist: #Outsourcing. Staatsanwälte schalten also kurzerhand Dienstleister aus der Privatwirtschaft ein. Zwischenzeitlich hat sich für Aufträge des Staates ein #Markt gebildet. Und genau das ist das Problem: Wettbewerb auf dem freien Markt. Jeder IT-Forensiker will der Beste sein. Doch wer ist der Beste? Wer am meisten belastendes Material findet? Sind IT-Forensiker also die eigentlichen Ermittler?
Outsourcing von Ermittlungsarbeit: Staatsanwälte nennen sie "Sachverständige". Sie selbst nennen sich "IT-Forensiker". Aber dürfen Privatunternehmen im Auftrag des Staats einfach so ermitteln?
Wie kann ausgeschlossen werden, dass die beauftragten Unternehmen mit Blick auf künftige Beauftragungen ihren Job besonders gut machen wollen und einseitig belastende Wertungen vornehmen?
Wer wählt die Sachverständigen aus?
Welche Kriterien gibt es?
Alles unklar. Es drohen Fehlurteile wegen Problemen bei der IT-Software. Und wird die Justiz wird manipuliert?
Wenn Staatsanwälte einen Oberstaatsanwalt verhaften. Tatvorwurf: Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Vergabe von Gutachten. Ist dies nur die Spitze des Eisbergs?
Ein Oberstaatsanwalt in Frankfurt am Main ist festgenommen worden, weil ihm Korruption und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Vergabe von Gutachten an Externe vorgeworfen wird. Er soll "Kick-backs" erhalten und sich deshalb auf die Ermittlung eines möglichst hohen Schadens konzentriert haben. Zwischenzeitlich soll er gestanden haben.
Gerade dieser Fall zeigt, welchen Druck Staatsanwälte dank der "Gutachten" auf Beschuldigte ausüben können.
#Gutachten sind teuer. Meist errechnen sie hohe Schäden. Und Gutachterkosten sind Teil der Verfahrenskosten. Kommt es zu einer Verurteilung oder akzeptiert der Beschuldigte einen #Strafbefehl, werden ihm automatisch auch die Kosten für Gutachten auferlegt. Das bedeutet, dass der Beschuldigte die Rechnung des Gutachters neben seiner #Strafe tragen muss.
Gutachten als Drohkulisse. Die Macht des Faktischen?
Diese gewaltige Drohkulisse ist dann aus Sicht der Staatsanwaltschaft die "Diskussionsgrundlage". Ein Gegengutachten würde den Mandanten sechsstellige Beträge kosten. Unter dem Kostendruck knickt so manch einer ein und akzeptiert den ihm "angebotenen" Strafbefehl.
Externe Gutachter (so genannte IT-Forensiker) beeinflussen die Strafjustiz ganz erheblich. Sie nehmen erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Strafverfahrens.
Übrigens werden nicht nur in "#Cum-Ex-Verfahren" solche Sachverständige eingesetzt, sondern auch bei Ermittlungen wegen #Kinderpornographie und bei Ermittlungen wegen #Abrechnungsbetrug gegen Ärzte und Kliniken. Im #Sexualstrafrecht kommen häufig noch Kosten für aussagepsychologische Gutachten hinzu - neben den Kosten für IT-Forensiker.
Privaten Unternehmen werden also nach gängiger Praxis riesige Datenmengen anvertraut, die der Staat nur aufgrund seines Gewaltmonopols erhalten hat.
Vor allem #EMail-Postfächer und #Chatverläufe sind für die Ermittler interessant. Datenmengen häufig im Terrabyte-Bereich. Die Privaten arbeiten die Daten dann "im Auftrag der Staatsanwaltschaft" auf, strukturieren diese und durchsuchen den Datenbestand dann nach bestimmten Suchkriterien.
Sichtung, Auswertung und Analyse der Daten sind originäre Ermittlungsarbeit. Diese darf nicht einfach auf private Dritte ausgelagert werden.
Was in der freien Wirtschaft kein Problem ist, stellt sich im strafprozessualen Ermittlungsverfahren anders dar. Denn Ermittlungsarbeit ist Hoheitsaufgabe. Die Strafrechtspflege ist verfassungsrechtlich im Monopol des Staates.
Natürlich darf der Staat auch „Sachverständige“ beauftragen. Aber dieser Fall ist strafprozessual genau geregelt. Und "echte" Sachverständige dürfen auch nicht selbst erst den Sachverhalt ermitteln, den sie dann bewerten sollen. Sie müssen neutral bleiben und dürfen nur vorgegebene Fragestellungen aufgrund eines vorgegebenen Sachverhalts (den so genannten „Anknüfungstatsachen“) beantworten.
Doch private IT-Forensiker sind keine „Sachverständige“ im Sinne der Strafprozessordnung, wenn sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft deren Ermittlungsarbeit leisten.
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